Termin Mahnender Mühlstein an der katholischen Kirche St. Stephan am 16.12.2010 um 18.30 Uhr.

Sehr geehrter Herr Bechthold,
sehr geehrter Herr Zerrer,
sehr geehrter Herr Heibel,
liebe Anwesende,

wir sind heute zusammen gekommen um eine Thematik auf zu greifen, die sehr ernst zu nehmen ist und mit der wir mehr und mehr konfrontiert werden. Immer häufiger erfahren wir über die verschiedenen Medien, daß es zu sexuellen Übergriffen an Kindern und Jugendlichen kommt. Und davon sind Kinder in anderen Ländern betroffen – man denke nur an den Sextourismus im asiatischen Raum – aber auch Kinder im eigenen Land, hier in Deutschland, hier in unserer Stadt.

Dieses Jahr hat sich Karlsruhe zur Aufgabe gemacht, das Kinderhilfswerk UNICEF zu unterstützten, sich stark zu machen für die Rechte der Kinder und insgesamt kinderfreundlicher zu werden. Und diese Vorhaben sind nur glaubhaft, wenn wir bestehende Mißstände gegen Kinder nicht länger ignorieren. Ganz im Gegenteil – Gewalt gegen Kinder, egal welcher Art, muß in der Gesellschaft thematisiert und diskutiert werden.

Wie kann dies nun von statten gehen. Keine Frage, eine erste Sensibilisierung innerhalb der Bevölkerung ist erfolgt – die Menschen schauen nicht mehr weg. Nun stellen sich jedoch weitaus komplexere Fragen. Z.B. wie unser Justizsystem mit Sexualstraftätern umgeht und welche Hilfe den Opfern gestellt werden muß. Den Fokus auf das Opfer zu richten und nicht auf den Täter, wird zukünftig zu einer sehr wichtigen Aufgabe unserer Gesellschaft.

Wieder andere Fragen stellen sich Institutionen, in denen sexuelle Gewalt gegen Kindern von statten gegangen ist. Eines ist klar: Immer dort, wo Kinder sind – seien es Kindergärten, Schulen, Kirchen oder Vereine – wird es auch immer pädophile Menschen hinziehen. Dies zu verhindern wird eine große Aufgabe. Für die Gesellschaft, für die einzelnen Institutionen.

Das ist aber nur eine Seite der Medaille. Schaut man hinter die Kulissen von institutionellen Gefügen wird eines ganz klar: Die Strukturen bzw. der Aufbau von Institutionen ist immer hierarchisch was dazu führt, daß einer über den anderen Macht ausüben kann. Und in Institutionen, die mit Kindern zu tun haben, werden es auch immer Kinder sein, die davon betroffen sind. Dem entgegen zu wirken, sich dagegen zu stellen, ist unser aller Aufgabe. Keiner darf weg schauen!

Herr Heibel hat nicht weg geschaut und die Initiative gegen sexuelle Gewalt an Kindern ins Leben gerufen. Der Mahnende Mühlstein soll als Mahnmahl für uns alle dienen, uns mit dem Thema konkret auseinander zu setzten und nicht zu vergessen, was hinter verschlossenen Türen passiert. Den Fokus auf die Opfer zu legen, mit Empathie und Anteilnahme zu begegnen und vor allem Hilfe zu gewährleisten ist der Sinn, den der Mühlstein transportieren soll.

Die katholische Kirche in Karlsruhe hat auch nicht weg geschaut. Ganz im Gegenteil – die Leiter, Pfarrer und Mitarbeiter haben sich dafür entschieden, den Mahnenden Mühlstein direkt vor der Kirche St. Stephan zu plazieren. Eine sehr mutige Entscheidung und ein ganz klares Signal. Gerade in Zeiten, in denen die katholische Kirche selbst unter extremem Beschuß steht, ist es umso mutiger, dieses Thema zu Konkretisieren und an die Öffentlichkeit zu gehen. Es zeigt, dass die katholische Kirche nicht weg schaut und sich nicht scheut, Schieflagen auch in den eigenen Reihen klar anzusprechen. Sich der Problematik zu stellen und sich nicht verschließen – dies hat die katholische Kirche St. Stephan in Karlsruhe heute bewiesen. Mut zum Hinschauen und Mut zur Transparenz sind die besten Wege für Prävention.