Michael Dietz

Anmerkung zur Medieninfo

Anmerkung zu unserem Pressetext vom 26.3.2010

Wir wissen mittlerweile, wie schwer es uns Menschen fällt, generell über Missbrauch und sexuelle Gewalt zu reden, zu schwere Tabus und strengste Schweigegebote stehen davor. Wenn es eigene Erlebnisse betrifft, kostet es zusätzlich ein Vielfaches an Überwindung, Durchhaltevermögen und seelischer Kraft, für geschehenen Missbrauch Worte zu finden und quasi öffentlich auszusprechen.

Der Anwalt des Täters darf im Bemühen, seinen Mandanten herauszupauken, die Glaubwürdigkeit des Opfers, das im Strafprozess lediglich in der Rolle eines Zeugen ist, immer wieder zerpflücken und zu untergraben versuchen. Das zwingt die Opfer, sich den Missbrauch immer wieder in allen Einzelheiten zu vergegenwärtigen mit allen Qualen und Leiden. Hier brauchen die Opfer viel mehr Schutz, Beistand und Begleitung. Und zwar von Anfang an. Also professionelle, erfahrene und, ganz wichtig, unabhängige Helfer.

Unabhängig von irgendwelchen Institutionen wie z.B. den Kirchen, aber auch unabhängig von staatlichen Behörden müssen sie zum Wohle der Betroffenen entscheiden, handeln und nach Lösungen suchen dürfen. Schutz und Heilung der Betroffenen und Prävention müssen im Fokus stehen. Wo wir vor Gericht für die Täter selbstverständlich jahrelange Therapie verordnen, müssen Betroffene vor der Krankenkasse um jede 20 Stunden Traumatherapie kämpfen, werden so erneut zum Opfer gemacht.

Missbrauch hat in vielen Fällen Mitwisser, in der Familie kann das die Mutter sein. In einer Institution können es erwachsene Vertrauenspersonen sein, die meinen irgendetwas anderes schützen zu müssen, nur nicht ihre Schutzbefohlenen. Alle diese Menschen, die weggehört und kleingeredet oder gar geleugnet haben.

Neulich ist mir der Satz begegnet: „.. wie wir dazu kämen, Priestern, heiligen Männern, solche Ungeheuerlichkeiten zu unterstellen!“ Und es heißt weiter: „Es war ein totalitäres System. Und wir konnten uns nicht wenden an unsere Eltern, an die Vorgesetzten unserer direkten Erzieher, man hätte uns nicht geglaubt.

Die Not eines solchen Menschen muss man sich vergegenwärtigen! Ich bin nicht der Meinung, dass es ausreichend ist, wenn diese weghörenden Personen „die Verantwortung übernehmen“ und z.B. als Vorstand zurücktreten. Wir müssen gemeinsam und öffentlich darüber nachdenken, wie wir damit – auch in Zukunft – umgehen wollen.

Strafrechtliche Relevanz ist nur eine Seite, aber wie sieht es mit unserer Ethik aus? Wir, die wir uns so gerne auf unsere christliche Leitkultur berufen.

Michael Dietz (M.F.Dietz(at)gmx.de)