Initiative gegen Gewalt und sexuellen Missbrauch an Kindern und Jugendlichen e.V.,
gemeinnützig anerkannt und bundesweit aktiv!

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Aufklärung, Präventionsarbeit, Verantwortung und Kontrollmechanismen
Wie weit muss Aufklärung in einem Missbrauchsfall gehen?

Bei Verdacht eines sexuellen Missbrauchs oder einer Kindeswohlgefährdung sollte zunächst die Aufklärung der Anschuldigung im Vordergrund stehen.
Erst danach müsste geprüft werden inwieweit der Sachverhalt justiziabel erscheint, und ob die Belastbarkeit der Betroffenen für ein Strafverfahren ausreicht. Die Aufklärung darf nicht mit einer Verweigerungshaltung der Beteiligten enden.

Fehlende Zuständigkeiten und Kompetenzen
Hier müsste sich der Staat zukünftig was einfallen lassen, da einerseits die Justiz diesbezüglich nicht beauftragt ist und zudem aus fachlicher Sicht überfordert. Andererseits kann dies auch keine Aufgabe für ein Jugendamt oder eine normale private Opferberatungsstelle sein. Hier müssten von Seiten des Staates neue strukturelle Voraussetzungen geschaffen werden, zum Beispiel ein neuer Fachbereich, der speziell für die Aufklärung solcher Anschuldigungen zuständig ist.

Ein Fachberaterteam,
das sich zusammensetzt aus speziell geschulten Psychologinnen und Psychologen, SozialarbeiterInnen und RechtsanwältInnen. Dieses Team kann insbesondere dann eingeschaltet werden, wenn eine Aufklärung auf normalem Wege nicht möglich erscheint bzw. diese Problemlage schon abzusehen ist.

Da sich das Team aus Fachleuten unterschiedlicher Berufsgruppen zusammensetzt, könnten unterschiedliche Herangehensweisen diskutiert und angewendet werden. So können beispielsweise Befragungen dem jeweiligen Alter und der jeweiligen psychischen Verfassung der beteiligten Personen angepasst werden. Hierbei wäre es wichtig, dass auch das jeweilige soziale Umfeld der Beteiligten und deren Biografie intensiv ins Blickfeld gerückt wird.

Kultur des Hinschauens
Sollte ein Beschuldigter sich weigern bei der Aufklärung der Anschuldigung mitzuwirken, müsste er zumindest damit rechnen, dass man ihn unter gewissen Umständen weiter im Auge behält. Es ist natürlich klar, dass hierfür zunächst die gesetzlichen Voraussetzungen geschaffen werden müssten.

Wie können Eltern, Vereine, Schulen und sonstige Einrichtungen das Verhalten von Pädagogen und Übungsleitern einschätzen bzw. kontrollieren?
Sensibilisierung und Aufklärung müsste hier zunächst einmal im Vordergrund stehen. Eltern sollten bewusster darauf achten, dass sie sich immer einen ganz persönlichen Eindruck von den Menschen machen, denen sie ihre Kinder zur Betreuung bzw. Schulung anvertrauen. Dies ist aus meiner Erfahrung leider sehr häufig nicht der Fall. Grundsätzlich sollten sie sich dabei mehr auf ihr Bauchgefühl, als auf ihren Kopf verlassen.

Informationen und Prävention
Um diesbezüglich sensibler und sicherer zu werden, empfehle ich den Eltern, sich näher über das Thema zu informieren und gegebenenfalls auch speziell schulen zu lassen.

Eltern sollten sich dafür einzusetzen, dass präventive Maßnahmen gemeinsam mit ihren Kindern in den Einrichtungen und Vereinen durchgeführt werden, zum Beispiel die Durchführung von Präventionsprojekten.

Einrichtungen und Vereine sollten sich dem Thema öffnen und selbst regelmäßige Fortbildungen für ihr Personal bzw. Übungsleiter verpflichtend anbieten. Darüber hinaus könnte eine schriftliche Vereinbarung (Konvention/Abkommen/Regelwerk) zwischen Leitung und Personal bzw. Übungsleiter/innen eine bessere Orientierung geben und Sicherheit schafften. Es geht hierbei um die Einhaltung von Grenzen und ein respektvolles und würdevolles miteinander Umgehen. Ein offener und kritischer Umgang mit dem Thematik „Grenzen setzen, Grenzen einhalten“ untereinander, würde darüber hinaus für ein gewisses Controlling sorgen.

Wie sollte die Aufarbeitung eines Missbrauchsfalles bei Eltern und im Verein von statten gehen? 
Wenn es um institutionellen Missbrauch geht, sollten besorgte Eltern und auch der betroffene Verein sich umgehend an eine Beratungsstelle wenden, die über die notwendigen Erfahrung in Bezug auf die spezielle Problematik verfügt.

Dies kann unser Verein sein oder zum Beispiel „Zartbitter Köln e.V.“, von denen ich allerdings nicht weiß, ob sich ihre Tätigkeit auf den Kölner Raum beschränkt. Neben speziellen Informationsveranstaltungen für Eltern und Übungsleiter/Gruppenleiter, erhalten alle involvierten Personen und Gruppen die Möglichkeit einer Einzelaufarbeitung bzw. Einzelberatung.

Nach der Aufarbeitungsphase geht es dann insbesondere darum, mögliche Konsequenzen des Vorfalls auszuarbeiten. Regelmäßige Schulungen von Übungsleitern und die Durchführung von Präventionsprojekten für die Kinder und Jugendliche, könnten beispielsweise eine Konsequenz sein.

Gibt es eine Art Prophylaxe für Missbrauch?
Präventionsarbeit in Kindergärten und Schulen müsste für alle verpflichtend sein. Dafür müssten aber auch die erforderlichen Gelder bereitgestellt werden. In Gruppenleiterschulungen und in der Ausbildung von PädagogInnen und ErzieherInnen darf das Thema Kindesmissbrauch und Kindeswohlgefährdung nicht fehlen. Die Einführung eines „Elternführerscheins“ würde auch entscheidend mithelfen, Eltern sicherer zu machen.

Transparenz und lebenslanges Controlling
Was verurteilte Sexualstraftäter und Kindesmisshandler angeht, so muss der Umgang mit ihnen neu überdacht werden.

Zum Beispiel sollten auch Vereine von ihren ÜbungsleiterInnen ein polizeiliches Führungszeugnis verlangen. Bei diesen Delikten müsste jedes (!) nachgewiesene Fehlverhalten bzw. jede Straftat im Führungszeugnis festgehalten werden.

Es ist unverantwortlich, wenn Täter nach der Haft bzw. nach einer Bestrafung wieder rasch aus den Augen verloren werden und sich niemand mehr um sie kümmert. Ich fordere ein lebenslanges Controlling für diesen speziellen Kreis von Straftätern. Zumindest die staatlichen Einrichtungen und auch die betreffenden Vereine, müssten nach Haftentlassung über diesen Personenkreis informiert werden.

Johannes Heibel, Dipl.Soz.Päd. (FH)

Vorsitzender