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Bürgerhaus Schnabelwaid
Dokumentation - Fotos von Ausstellungen

Foto: Johannes Heibel
Eröffnung im Bürgerhaus in Schnabelwaid bei Pegnitz
23.06.2006

Foto: Eva Böhm, © NORDBAYERISCHE NACHRICHTEN, PEGNITZ UND UMGEBUNG
Das Bild einer Betroffenen, der Malerin „Erika“,
betrachten Johannes Heibel, Heidi Schmideder und Ulrike Dierkes.

Inzest und Kindsmissbrauch lösen bei Vortrag Tränen aus.
Erschütternd: Mutter berichtet bei Infoveranstaltung
vom Vergehen eines Pfarrers gegen ihre damals 14-jährige Tochter

SCHNABELWAID (be) - Tiefste Betroffenheit löste die Ausstellungseröffnung im Bürgerhaus mit dem Thema
„Der Weg“ - Geschichte einer misshandelten Frau“ aus. Einigen Gästen kamen während des Vortragsabends
die Tränen.Das Interesse an der Veranstaltung war sehr groß, die Sitzgelegenheiten reichten nicht aus.
Weitere Stühle mussten herbeigeschafft werden.Johannes Heibel, Initiator der Wanderausstellung und
Jugendpfleger von Remagen, war selbst überwältigt von dem Besuch und vom riesigem Interesse zu diesem Thema.
Die Wanderausstellung streift Großstädte wie Berlin oder Dresden genauso wie kleinere Ortschaften, was im Fall
von Schnabelwaid nach Aussage des Veranstalters „kein Zufall“ ist.Heibel erläuterte, dass sein persönliches und
berufliches Lebensziel lautet: „Die Verbesserung des Kinder- und Jugendschutzes in Deutschland“.

Text von: Eva Böhm, © NORDBAYERISCHE NACHRICHTEN, PEGNITZ UND UMGEBUNG



Heidi Schmideder erzählt

Foto: Johannes Heibel
 

Schmerz herausgemalt

Die Ausstellung zeigt Bilder einer betroffenen Frau „Erika“, die sie zur Aufarbeitung ihrer seelischen Qualen malte. Sie wurden in keinster Weise verändert. Sie strahlten tiefsten Schmerz, seelische Qualen und Not aus.

Heibel appellierte eindringlich: „Jeder in der Gesellschaft ist gefordert. Auch durch Hinschauen kann schon Missbrauch verhindert werden.“

Eindringlich machte er klar, dass bei missbrauchten Kindern die Täter im familiären Umfeld leben oder im engeren gesellschaftlichen Umkreis. Als „erschütternd“ nannte er den Umstand, dass oft auch Vertrauenspersonen wie Lehrer oder Pfarrer die ihnen anvertrauten Kinder missbrauchen. Sie richten damit „schwerste Schäden“ an den kleinen Seelen an.

Heibel: „Ich sehe das sehr verbissen, wir dürfen nicht schweigen.“

Zu Gast hatte er Ulrike Dierkes aus Stuttgart vom Verein „Melina“. Sie brachte die Probleme von „Inzest-Kindern“ zur Sprache. „Menschen die aus inzestuöser sexueller Gewalt geboren werden, leben mitten unter uns - sie sind Realität. Wir fordern mehr Ehrlichkeit und angemessene Hilfe für Opfer sexueller Gewalt.“

Sie stellte weiter fest: „Je höher das Ansehen der Täter ist, desto problematischer ist die Aufdeckung.“

Bei den Zuhörern zeigte sich tiefste Erschütterung ob der vorgetragenen Fälle. Unvorstellbares Leid wird über junge Mädchen gebracht.

Der Verein „Avalon“ aus Bayreuth stellte sich als regionale Anlaufstelle vor. „Wenn jemand Hilfe braucht, hier wird anonym, kostenlos und vertraulich geholfen.“ Der brisanteste Vortrag des Abends war aber die Lesung von Heidi Schmideder aus ihrem Buch „Die Mädchen des Pfarrers“.

Die mutige Autorin nahm kein Blatt vor den Mund und berichtete offen über die Geschehnisse, die ihrer eigenen, damals 14-jährigen Tochter durch einen Pfarrer widerfuhren. Die charakterstarke Mutter kämpfte jahrelang für das Wohl ihrer Tochter und will nicht damit aufhören, die Öffentlichkeit zu sensibilisieren. „Sexueller Missbrauch ist kein Kavaliersdelikt“, sagte sie.

Sie lebt mit ihrer Tochter weiterhin in Simbach am Inn. Trotz des ihr widerfahrenen Leids schlugen ihr damals von der Bevölkerung Schweigen, Widerstand und Ablehnung entgegen. Es schien so, als ob der Täter, ein evangelischer Pfarrer, die Solidarität und das Verständnis der Öffentlichkeit für sich hatte und als ob das Opfer selbst schuld am Missbrauch sei.

Der verheiratete Mann gaukelte dem Mädchen Liebe vor. Es kam mit der Jugendlichen regelmäßig zum Geschlechtsverkehr.

Der Pfarrer hatte das Mädchen im Religionsunterricht am Gymnasium. Da es auch in einer Jugendgruppe war, nutzte er dies, um sich „an sie heran zu machen“.

Bei der späteren Gerichtsverhandlung wurde der Pfarrer, ein Familienvater, zu einer Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt. Den Schmerzensgeld-Anspruch des Opfers akzeptierte er.

Stillschweigen bewahrt

Vor Gericht kam heraus, dass er vor diesem Mädchen auch die Tochter eines Kirchenvorstehers missbraucht hatte. Aber deren Familie bewahrte Stillschweigen und unternahm keine strafrechtlichen Schritte. Weitere sieben betroffene Mädchen ermittelte die Mutter. Aber nur drei davon hatten den Mut, gegen den Pfarrer auszusagen.

Das Gespräch mit diesen anderen Mädchen war jedoch der Schlüssel gewesen, dass ihre Tochter begann, diese Erlebnisse abzuarbeiten.

Der „Seelsorger“ wurde dann einige Jahre im internen Kirchenverwaltungsdienst beschäftigt. Doch dann kam der Anruf der evangelischen Kirche zur Mutter. Er sei wieder in einer Pfarrei eingesetzt.

Bürgermeister Wilhelm Friedrich eröffnete die Ausstellung mit den Worten „Wir müssen wachsam sein.“

Der stellvertretende Landrat Manfred Thümmler war ebenfalls gekommen. Thümmler fragte nach dem Alter des Pfarrers zur Tatzeit. Dies wurde mit „45 Jahren“ angegeben. Es ist sechs Jahre her.

Text von: Eva Böhm, © NORDBAYERISCHE NACHRICHTEN, PEGNITZ UND UMGEBUNG

 

 

Verleih der Ausstellungen über die Initiative gegen Gewalt: Tel. 0 26 23 / 68 39